Fremdsprachen und Legasthenie

FremdspracheWenn eine Schülerin oder ein Schüler eine Legasthenie oder Lese-Rechtschreibschwierigkeiten in seiner Muttersprache zeigt, schlägt sich dies im Regelfall auch auf die Leistungen in den Fremdsprachen nieder. Dies hängt oft damit zusammen, dass die sprachlichen Fähigkeiten wie z.B. die phonologische Bewusstheit oder das schnelle Benennen sprachenunabhängig nur schwach ausgeprägt sind und sich somit in verschiedenen Fremdsprachen auch zeigen können.

Der Grad der Schwierigkeiten ist dabei primär sowohl von den individuellen Fähigkeiten wie auch von der Fremdsprache abhängig: Viele Fremdsprachen sind nur wenig transparent, d.h. Kinder können sich nicht auf bestimmte Buchstabenkombinationen und deren Aussprache verlassen und müssen teilweise für einen Laut oder eine Lautfolge verschiedene Schreibweisen lernen. Dies kann dazu führen, dass in einer Fremdsprache sogar noch überdurchschnittlich mehr Fehler produziert werden als in der bereits betroffenen Muttersprache.

Legasthenietraining & Fremdsprachen

In der Förderung von Schriftsprachfähigkeiten (Legasthenie-/LRS-Training) kann man sich allerdings zunutze machen, dass sich die allgemein-sprachlichen Fähigkeiten auf alle Sprachen auswirken: So lassen sich bewährte Trainingskonzepte, die z.B. von Legasthenietrainern oder Logopäden bereits für Deutsch eingesetzt werden, auf andere Fremdsprachen übertragen (z.B. Übungen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit). Einzig fehlt hier das nötige Wortmaterial, um eine gezielte Förderung erreichen zu können. Neuere Trainingskonzepte setzen daher darauf, zumindest zunächst die häufigsten, in einer Fremdsprache vorkommenden Wörter im Sinne eines Grundwortschatzes explizit zu vermitteln. Lese-rechtschreibschwache Schülerinnen und Schüler, die diesen Grundwortschatz dann beherrschen, können somit bereits bis zu 70% des im Anfangsunterricht abverlangten Wortmaterials sicher lesen und schreiben.

Darüber hinaus dürfte sich eine Therapie in den allgemein-sprachlichen Fähigkeiten in der Muttersprache auch positiv auf Leistungen in der Fremdsprache auswirken. Jedoch sollten für die Fremdsprache zusätzlich auch Lernstrategien z.B. für das Lernen von Vokabeln und Grammatik vermittelt werden, da dies neue Arbeitstechniken sind, die eine Schülerin oder ein Schüler vorher noch nicht benötigten.

Förderung in der Schule

Im Fremdsprachenunterricht sollte – neben den oben angesprochen Lerntechniken – insbesondere neues Vokabular visuell unterstützt und grundsätzlich auch mit dem geschriebenen Wort verknüpft eingeübt werden. So vermeidet man, dass sich ein Lernender eine falsche Vorstellung von einer Schreibweise einprägt. Weitere Formen der Binnendifferenzierung sind möglich, insbesondere sollte auch auf für legasthene Kinder angemessenes Übungsmaterial und Arbeitsblätter geachtet werden.

Grundsätzlich sollten auch alle Möglichkeiten eines Nachteilsausgleichs wie z.B. Ersatzleistungen für Tests oder Klassenarbeiten, eine Ausweitung der Arbeitszeit bei schriftlichen Prüfungen oder Notenschutzes in den Fremdsprachen angewendet werden.

Frühe Sensibilisierung

Zusammenfassend ist wichtig, dass Eltern, Kinder und Lehrkräfte sich auf mögliche Schwierigkeiten schon früh vorbereiten, wenn eine Legasthenie/LRS in der Muttersprache schon bekannt ist. Treten massive Schwierigkeiten erst verzögert in der Fremdsprache auf (und waren vorher in der Muttersprache unauffällig), sollte auch noch einmal die Muttersprache z.B. anhand standardisierter Lese- und Rechtschreibtests überprüft werden. Da lese-rechtschreibschwache Kinder oft sehr intelligent und gewitzt sind, entwickeln sie manchmal Kompensationsstrategien, mit denen die Schwierigkeiten in der Grundschule nicht stark auffallen, dafür dann aber an weiterführenden Sch©ulen in Fremdsprachen schnell offenbar werden.

© David Gerlach, Doktorand an der Philipps-Universität Marburg
zum Schwerpunkt Legasthenie/LRS und Fremdsprachen

Weitere Informationen und Empfehlungen unter: www.Legasthenie-Englisch.de
Projektleiter von „Schule sorglos“: www.schule-sorglos.de